LESERBRIEF ZUM LEITKOMMENTAR
"DREI BRANDHERDE " IN DER SIEGENER ZEITUNG VOM 19.07.2014 Seite1 und
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Er spekuliert dabei auch über die Gründe für den Zeitpunktes der Bodenoffensive Israels, insofern dass der israelische Regierungschef Netanjahu "möglicherweise" den Zeitpunkt für "günstig" befunden habe, weil man im "medialen Windschatten der Osteuropäer ungenierter agieren könne".
Nicht erwähnt er die Ablehnung eines Waffenstillstands seitens der Hamas, die daraufhin massiv von der ägyptische Regierung, dem deutschen Auswärtige Amt und unserer Bundeskanzlerin kritisiert wurde.
Israel hatte schon Tage vor dem Abschuss der Boing sein weiteres militärisches Vorgehen öffentlich allein von der Entscheidung der Hamas abhängig gemacht.
Aber was zählen schon Fakten, wenn man frei spekulieren kann?
Für Netanjahu – so Winterhager weiter - sei es auch „kein Thema gewesen“, dass (mit der Bodenoffensive) " die Chancen einer Befriedung des europäischen Konflikts berührt sein könnten" - sprich: Netanjahu will nicht nur keinen Frieden in Nahost, sondern gefährdet zusätzlich den in Europa!
Damit nicht genug, bezeichnet er die von der EU als Terrororganisation eingestufte Hamas verniedlichend als "ratlose (!!) Führung , deren antisemitische Agenda dabei völlig außen vor lassend.
Anstelle dessen erklärt er, dass alle israelischen Regierungen nach Rabin, also seit 1995, keinen guten "Eindruck" auf ihn machen, besonders was deren Glaubwürdigkeit in Sachen „Siedlungen“ anbelangt.
Für diesen ominösen "Eindruck" liefert Winterhager aber keine Begründungen oder Belege?
Gerade Fakten würden aber eine differenziertere Sichtweise ermöglichen:
So geht etwa das (später von Arafat abgelehnte) Angebot Ehud Baraks aus dem Jahr 2000 weit über das hinaus, was einem Herrn Rabin (1993- 1995) vorschwebte.
Es war auch nicht Rabin, sondern Ariel Scharon, der in punkto Siedlungen Fakten schuf, indem er 2005 alle Juden aus dem Gazastreifen evakuieren ließ und schon ähnliches mit Siedlungen in der Westbank plante.
Doch das interessiert Herrn Winterhager ebenso wenig wie die Tatsache, dass KEINE israelische Regierung (auch nicht unter Rabin) je einem wirklichen "Siedlungs-Stopp" in der Westbank zustimmte. Allerdings gibt es doch eine einzige Ausnahme: das sog. neunmonatige Memorandum. Dies fiel ausgerechnet in die Regierungszeit Netanjahus.
Herr Winterhager hingegen malt ein simples Schwarz-weiß- Bild, das nicht einmal Grautöne zulässt:
Hier eine irgendwie "ratlose" Hamas, dort ein berechnender, völlig unglaubwürdiger und unnachgiebiger jüdischer Regierungschef.
Solche Vereinfachungen bedienen aber nicht allein ohnehin immer schon vorhandene Ressentiments, sondern sind auch Wasser auf die Mühlen derjenigen, die in diesen Tagen, von ähnlichem Halbwissen aufgepeitscht, ganz offen auf deutschen Straßen antisemitische Hassparolen übelster Machart skandieren.
Diesen wichtigen und nicht erst künstlich zu konstruierenden Zusammenhang scheint der erfahrene Zeitungsmann Winterhager leider völlig zu übersehen.