+++ AKTUELLE ERGÄNZUNG : Sowohl der deutsche Außenminister als auch die deutsche Bundeskanzlerin haben - was hierzulande leider keine Selbstverständlichkeit ist - EINDEUTIG!!! die Terrororganisation "Hamas" für die derzeitge Eskalation der Lage verantwortlich gemacht. In DIESEM Punkt stimmen wir ausdrücklich den beiden Politikern zu! ++++
Anstelle eines eigenen Statements zur aktuellen Lage in Israel veröffentlichen wir an dieser Stelle - ausnahmsweise und nach vorheriger Absprache ( eingeholter Genehmigung) - in VOLLER Länge den Artikel einer betroffenen Israelin.
Wir teilen die darin enthaltene Sicht der Dinge mit Ausnahme der dort genannten Bewertung israelischer Politiker ( da wir solche Bewertungen nicht nur in diesem Fall sondern grundsätzlich nicht treffen wollen)
Obwohl wir den Text in voller Länge hier bringen wollen und bringen dürfen, würden wir es dennoch begrüßen, wenn der Link benutzt wird und der Text auf dem Blog "Rungholt" gelesen wird, in dem sich noch mehrere interessante Artikel befinden.
hier der Artikel:
An all die Mahner, Kopfschuettler , Abwiegler, die jetzt vor Eskalation warnen und Israel zur Zurueckhaltung
auffordern.
In diesem meinem kleinen Blog existiert eine Kategorie namens
Qassam-Ticker. Einfach mal
anklicken und lesen. Aber richtig. Mindestens ein paar Seiten lang.
Und mir
dann erklaeren, wo Ihr Euren Protest hoer- und sichtbar gemacht habt, waehrend
Israel beschossen wurde. Gern mit Links, Bildern von Demos, von den Plakaten,
die Ihr aus dem Fenster gehaengt habt, Kopien der Briefe an Eure
Bundestagsabgeordneten. Jedes Dokument wird dankend entgegengenommen.
Wer
aber still war, waehrend in Netivot, Eshkol, Kerem Shalom und Nir Am die Raketen
niedergingen, Tausende ueber die Jahre, der hat nicht das geringste moralische
Recht, jetzt Israel daran zu hindern, seine eigenen Massnahmen zu ergreifen. Wer
den Krieg angezettelt hat, das waren nicht wir. Wir haben hoechstens wieder mal
zu lange gewartet. Die Kinder aus Sderot, die keine andere Realitaet kennen als
unter Beschuss, sind inzwischen in der Mittelstufe. Eine weitere traumatisierte
Generation.
Und Leute wie Westerwelle, deren Regierung Geld massenweise und
ohne jede daran geknuepfte Bedingung in den Gazastreifen geschuettet hat, obwohl
dort genug Geld war, um teure Raketen aus dem Iran einzukaufen – Leute, deren
Parlament einstimmig und ueber alle Parteien hinweg eine Verurteilung Israels
beschlossen hat, weil Israel es gewagt hat, per Blockade den Gazastreifen
wenigstens bei der Bewaffnung zu hindern – solche Leute haben schon gar kein
moralisches Recht, jetzt den grossen Mahner zu spielen.
Es ist kein Zufall,
dass deutsche Journalisten von Putz bis Teichmann fest daran glauben, es
muss ein Wahlkampftrick sein. Dass Israel ununterbrochen seit Jahren angegriffen
wurde, mit Raketen, mit Bomben und Sprengsaetzen, haben sie ja gar nicht erst
ihrem lesenden Publikum gemeldet und berichtet. Sie tragen ja mit Schuld daran,
dass niemand eine Loesung fuer das Problem gesucht hat, denn sie haben das
Problem mit verschwiegen.
Eine Bedrohung Israels existiert fuer solche
Beobachter nicht. Eine unertraegliche Belastung fuer fast eine Million Israelis,
die ihren schwierigen Alltag seit Jahren meistern muessen, waehrend die Welt
ignoriert, was bei ihnen los ist – das ist nicht denkbar. Fuer sie ist Israel
anders als in der Rolle des aggressiven, unkontrollierbaren Golems gar nicht
cast-bar. Sie glauben, es waere logischer, Israel wartet bis zur Wahl, wartet
dann, bis eine Koalition steht (was hier bis zu einem Monat dauern kann), wartet
dann weiter, bis sich ein neuer Verteidigungsminister gut eingearbeitet hat
(denn Barak wird es nun mal bestimmt nicht mehr), und dann reagiert die neue
Regierung? Und was machen die Leute in Netivot und Ashdod bis dahin? Waehrend
sich die Aggressoren im Gazastreifen sicher und unangreifbar fuehlen?
Wer
nicht mitgekriegt hat, wie unertraeglich die Lage im Sueden wurde, und wie
ominoes sich die Wolken zusammengezogen haben, der hat nichts verstanden. Ich
kann mich nicht erinnern, dass irgendein Mitglied einer fremden Regierung,
ausser Obama in seiner Debatte mit Romney, als er Sderot und seinen Besuch dort
erwaehnte, sich jemals eingemischt haette, waehrend Israel einen Beschuss
ausgehalten hat, den kein anderer Staat hingenommen haette. Oder faellt jemandem
ein Beispiel ein?
Oh ja, mir fallen gleich zwei Beispiele ein. Jahrelang
regnete es Beschuss aus den damals syrischen Golanhoehen auf israelische Doerfer
unterhalb. Und jahrelang wurde Galilaea aus dem Libanon beschossen. Auch damals
kraehte kein Hahn danach, jedoch, als es israelische Gegenwehr setzte, war das
Entsetzen gross. WAS, die wagen, sich zu verteidigen?
Also, Westerwelle und
Cameron, Putz und Teichmann, wo wart Ihr, als die Raketen auf Israel fielen?
Genau da koennt Ihr auch jetzt bleiben. Die Eskalation haben nicht wir zu
verantworten, sie findet seit Jahren statt, und allein konnten wir sie nicht
stoppen. Nicht solange weltweites Wohlwollen die Palaestinenser umgibt, egal wie
viele Raketen sie auf Eshkol feuern.
Und das sage ich, die persoenlich
ueberhaupt kein Interesse daran hat, dass diese Aktion weitergeht. Fuer mich
persoenlich bete ich, dass Netanyahu es sich ueberlegt und die Bodenoffensive
abblaest. Der Gedanke, dass nach den roten und lila Barette demnaechst die
hellgruenen dorthin abkommandiert werden, ist jenseits des Ertraeglichen. Ich
weiss nicht, wie die Eltern der Fallschirmjaeger und Givati-Infanteristen es
ertragen. In ganz Israel sitzen jetzt Menschen schlaflos vor dem Fernseher,
genau wie ich, und starren die Bilder an, in der verzweifelten Angst, ihren
Chaimke an der Grenze zum Gazastreifen zu sehen.
Y.s Grossmutter haette fast
ihren Aeltesten verloren, waehrend sie mit ihm schwanger war, als sie bei der
Wache in der Zeit der Araberaufstaende mit ihrer Waffe in ein tiefes Loch fiel.
Dieser Aelteste hat im Sechstagekrieg und im Yom-Kippur-Krieg mitgekaempft,
wohlgemerkt als ultra-linker Kibbuznik, der viel lieber mit Arabern in Frieden
gelebt haette. Er hat bei der Schlacht um den Hermon mehr als einmal gedacht,
seine Uhr bleibt stehen.
Der Sohn dieses Sohn wiederum, mein Mann, hat die
schoensten Jahre seiner Jugend im Libanon verbracht, fuenf lange Jahre lang, ist
mit allem beschossen worden, mit dem man ueberhaupt beschossen werden kann, hat
seinen einzigen Freund verloren und traegt die Spuren der damaligen Zeit bis
heute. Als unsere Kinder geboren wurden, haben Urgrossmutter und Grossvater
gesagt: “vielleicht muessen sie ja gar nicht zur Armee, wenn sie gross sind”,
denn es war die Zeit des sogenannten Peace process, Oslo. Jetzt sind die Kinder
gross.
Mein Schwiegervater hat elf Enkel. Fuenf davon tragen im Moment
Uniform, Primus ist Reservist. Er haette sich weiss Gott etwas anderes fuer sie
gewuenscht, als dass sie nun auch die Schrammen davontragen muessen, den der
Einsatz bei der Armee verursacht, wenn man dem unverhuellten Hass taeglich
entgegentritt, und eigentlich nichts anderes moechte, als dass die Leute zuhause
in Ruhe schlafen koennen – und man selbst auch.
Kurz, es ist laecherlich, uns
vorzuwerfen, wir waeren kriegsgeil und haetten eine zu kurze Zuendschnur. Genau
das Gegenteil ist der Fall. Wenn es etwas gibt, das mich an der Serie
Sharpe jedesmal wieder ueberzeugt, dann die totale Kriegsmuedigkeit der
Veteranen, die im krassen Gegensatz zur Kampflust der unerfahrenen Soldaten
steht. Wer weiss, wie der Krieg aussieht, der versucht, es auf keinen Fall so
weit kommen zu lassen. Obwohl ich persoenlich bekanntlich weder Netanyahu noch
Barak fuer optimale Politiker halte, weiss ich von beiden, dass sie
kriegserfahren und kriegsmuede sind. Haette es eine andere Moeglichkeit gegeben,
haette Israel irgendeine Art von Rueckhalt gehabt, dann waere es nicht soweit
gekommen.
Die Welt hat die ganzen Monate und Jahre ueber ignoriert, was hier
vorgegangen ist, als Moshiks alte Mutter wegen ihrer Herzkrankheit nicht mehr in
den Luftschutzraum rennen konnte und die ewige Angst sie einfach kaputtmachte,
bis sie starb. Jetzt, wo Israel zum einzigen Mittel greift, das wenigstens fuer
eine begrenzte Zeit Ruhe fuer Sderot verspricht, jetzt ringt die Welt die
Haende. Zu spaet, zu spaet.
Meine Guete, wie gross war die Empoerung, als
eine Moersergranate in der Tuerkei landete! Es war selbstverstaendlich, dass die
Tuerkei reagierte. EINE Moersergranate. Aber klar, das war ein Angriff. Es war
wirklich einer. Die Tuerkei hatte das Recht, zu reagieren. Und wir haben es
auch.
Und fuer die Traeumer, die meinen, Israel muesste nur X oder Y tun, und
schon waere Frieden? Die darf ich daran erinnern, dass Israel den Gazastreifen
geraeumt hat. Dort ist (noch) kein einziger Israeli mehr, seit Gilad Shalit frei
ist. Der Beschuss, der vor der Raeumung anfing, ist seitdem nur staerker
geworden. Die Palaestinenser lassen sich von Zugestaendnissen nicht im
Geringsten beeindrucken, besonders die Hamas nicht, aber auch Abu Mazen hat zB
bei Israels Siedlungs-Baustopp nichts getan, sich nicht mal mit der israelischen
Regierung getroffen. Es ist nie genug, sie fordern immer noch mehr. Nichts, was
wir haetten tun koennen, haette den Islamischen Jihad davon abgehalten,
Suedisrael zu bombardieren. Was, bitte, koennen wir einem Feind anbieten, der
die Befreiung Tel Avivs von der Besatzung fordert?
Also, so sieht es aus. So
ist die Welt. Der eine steht allein und froestelt in der Nacht. Der andere sitzt
im Warmen und zeigt mit dem Finger auf andere, die es nicht so gut und friedlich
haben wie er. Ich habe, seit ich Kinder habe, nie mehr gut geschlafen. Seit
Primus vor vier Jahren, genau zu “gegossenes Blei”, eingezogen wurde, schlafe
ich nur noch in wenig hilfreichen kurzen Episoden. Und jetzt? Keine Ahnung, wie
man einschlaeft, loslaesst, sich entspannt. Ich habe diese Entwicklung seit
Monaten am Horizont gesehen und sie gefuerchtet, habe gedacht, wenn wenigstens
ich meine kleine Alarmglocke laeute, meinen Qassam-Ticker mache, hoert mich ja
vielleicht jemand? Ja, schon, aber leider nicht die, die etwas haetten tun
koennen. Westerwelle zum Beispiel
Wie soll es weitergehen? Ich bin praktisch rund um die Uhr mit Ynet
breaking news verbunden. Ich verlasse mich nicht
auf die Berichte, gucke die Bilder an, suche nach Gesichtern, die ich kenne,
ueberlege, was ich tun kann. Hm. Nichts.
Wenn ich denke, hoffentlich wird die
Bodenoffensive nicht umgesetzt, hoffentlich hat Mursi Erfolg – dann muss ich an
Ruth denken, an ihre Toechter, beide, aber besonders die Kleine. Und dass sie
seit Monaten Angst hat. Seit Jahren. Und dass sie schon Explosionen aus der
Naehe gehoert hat, die ich mir nicht mal vorstellen kann. Und da soll ich aus
Sorge um die Soldaten die Sicherheit eines kleinen, wehrlosen Maedchen
aufopfern? Das kann ich nicht. Ich fuehle mich beiden verpflichtet, dem
verschreckten Schulmaedchen, das auf dem Heimweg Unterschlupf vor Raketen suchen
muss, und dem schlaksigen, wortkargen Secundus, der bereit ist, dahin zu gehen,
wo er gebraucht wird, mit seiner Sani-Weste und seinem Tarn-make-up und seiner
Waffe.
Wir koennen nicht beiden gerecht werden. Das Dilemma ist fuer uns alle
in Israel kaum auszuhalten.
Versteht das jemand? Nein. Putz und Teichmann
glauben wohl, Israelis jubeln, wenn sie die Jungens an der Grenze zum
Gazastreifen sehen, oder die Hubschrauber, auf die mit Strellas geschossen wird.
Und waehlen dann blind Netanyahu. Haben sie nicht kapiert, dass jeder dieser
Soldaten Familie hat, die alles lieber sehen wuerde als eine Gefaehrdung dieser
Soldaten, und die ebendiesen Netanyahu fuer jede Fehlentscheidung abstrafen
wird, wenn es ans Waehlen gibt? Darf ich daran erinnern, wie sehr Olmert seine
Fehlentscheidungen im Libanonkrieg II geschadet haben? Wie teuer Peres “Fruechte
des Zorns” bezahlt hat?
Es ist alles nicht so einfach. Wer es nicht verstehen
kann, der darf eigentlich nicht urteilen. Aber wir leben nicht in der idealen
Welt, jeder urteilt ueber andere. Bestimmt leben im Gazastreifen auch Leute, die
bei jedem Abschuss einer Rakete neben dem Sportplatz innerlich gezittert haben
und sich gedacht haben: ja spinnen die, die holen uns die Israelis auf den Hals,
was kann man nur tun? Auch diese Leute sind erbarmungslos im Regen stehen
gelassen worden, keiner interessiert sich fuer sie, die Mehrheit waehlt andere,
und wer die Macht einmal hat, gibt sie nicht mehr ab im Gazastreifen. Es muss
schlimm sein, dort in der Minderheit zu sein, denn man kann sich ueberhaupt
nicht aeussern.
Ich werde jetzt gucken gehen, wie sich die Berge langsam
heller faerben. Der Hahn des Nachbarn kraeht bereits. Verrate ich meinen
Secundus und seine Kameraden, wenn ich Ruths Tochter und dem Andenken von
Moshiks Mutter zuliebe die Notwendigkeit einsehe, sie in die Hoelle zu
schicken?